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Heidenheimer Neue Presse
Silja Kummer
Lustwandeln im Farbengarten

Kann man Kunst im Alltag anwenden? Bei Thomas Witzkes Ausstellung beim Kunstverein im Türmle ein klares Ja. Diese Ausstellung wirkt meditativ. Man muß sich nicht einmal besonders für Kunst interessieren,um diese ansprechende Installation zu genießen. Der aus Heidenheim stammende, heute in München lebende Künstler hat die Ausstellung speziell für die drei übereinanderliegenden Räüme des "Türmles" konzipiert. Inspirieren ließ sich Witzke von einem der bekanntesten Werke der Gitarrenliteratur, dem "Concierto de Aranjuez" von Joaquin Rodrigo, benannt nach den Gärten von Aranjuez. Jeder der Räume ist nach einem der Sätze "allegro con spirito", "adagio" und "allegro gentile" gestaltet. Für den Besucher eröffnen sich mehrere Dimensionen: die flächige der Bilder, eine räumliche durch Installationen und die klangliche durch das Gitarrenkonzert, das vom Band erklingt. Damit wird der Ausstellungsbesuch zu einem sinnlichen Erlebnis, quasi einem Lustwandeln durch die Gärten der eigenen Phantasie. Hier erschließt sich auch die praktische Anwendungsmöglichkeit dieser Kunst: Eine halbe Stunde Entspannung, die Flucht aus der hektischen Vorweihnachtsrealität sind garantiert. Witzke diktiert die Imagination des Besuchers keineswegs, er gibt nur sanfte Stimmungseinstiege. Die erste Etage, zum "allegro con spirito" zu betrachten, ist in grün gehalten. Bemalter, gepresster Karton, von Metallständern gehalten, erinnert an Büsche und verstärkt den Eindruck des Gartens. Die Pastelle an den Wänden zeigen verhaltene Naturmotive: Ein von Büschen fast verdeckter Pavillon ist zu sehen, ein Weg, der zwischen Bäumen ins Blaue führt - stille Freude und die Verheißung von Weite hinter dem Garten überkommen den Betrachter. "Die kühlende Luft des Morgens" verbindet Witzke selbst mit diesem Raum, die klaren, schnell gezupften Läufe auf der Gitarre perlen dazu wie Tautropfen. Das ruhige "adagio" des zweiten Satzes geleitet den Besucher in den zweiten Stock. Hier ist die vorherrschende Farbe das Ockergelb des Mittags, weiche Vibrati beschwören eine melancholische Sehnsucht herauf, ein Heimweh nach dem Sommer. Technik für Bilder und Rauminstallation ist hier das weiche fließende Aquarell. Auch die Bilder implizieren Offenheit, der Pavillon taucht wieder auf, diesmal nicht verdeckt, sondern unter einem hellen Himmel dem Betrachter zugänglich. Der dritte Raum, begleitet vom "allegro gentile", ist in Blaugrau gehalten, der Abend des heißen Tages. Erst hier tauchen Menschen auf , allerdings nur in den Akten auf der Installation. Die Bilder zeigen antike Statuen, die den Garten schmücken, kühle Abbilder idealer Personen. Die Musik steigert sich zum dramatischen Ausdruck und mit ein paar in den Raum getropften Tönen endet das Werk. Der Ablauf des Gitarrenkonzertes bestimmt das Tempo des Besuchs, ein schnelles Hindurchhuschen ist nicht angebracht. Aber der Besucher muß sich auch nicht verloren fühlen in der Betrachtung des rein Optischen, er ist Teil einer ganzheitlichen Raumerfahrung. Obwohl Witzkes Werke einfach und leicht sind, bleibt seine Kunst nicht oberflächlich. Er umgeht nur den Intellekt und spricht tatsächlich Gefühle an, kommt zu den ganz wesentlichen Inhalten des Lebens. So sollte Kunst sein: Für jeden zugänglich, der sich auf das Betrachten nur einläßt.